«Jedes Projekt hat seine eigene Geschichte»
Auf der Baustelle an der Bahnhofstrasse 43 herrscht Hochbetrieb. Bohrmaschinen heulen auf, es rattert und «tätscht», die Arbeiter bringen gerade imposante Panoramafenster in Position. Man kann es sich kaum vorstellen, dass hier bis Ende Jahr ein attraktiver und zeitgemässer Empfangsbereich entstehen soll. Giorgia Vivaldo vom Raumforum Thun schon. Die lebhafte Innenarchitektin liess auch uns in die Zukunft blicken.
Frau Vivaldo, das Alterszentrum Alenia investiert über acht Millionen Schweizer Franken vorwiegend in den Innenausbau des Standorts an der Bahnhofstrasse 43. Welche Problemzonen waren im Foyer vorhanden bzw. welche Wünsche wurden an Sie herangetragen?
Vor dem Umbau war die Raumaufteilung im offenen Empfangsbereich nicht klar erkennbar. Das führte zu Unsicherheiten sowohl bei den Besucher als auch bei den Bewohnenden. Befinde ich mich in der Cafeteria? Wo melde ich mich an? Wer eintrat, hatte Mühe, sich zu orientieren. Gleichzeitig wünschten sich die Mitarbeitenden des Alenia-Standorts einen separaten Bürobereich, wo die Privatsphäre, etwa bei Sitzungen oder Kundengesprächen, gewährleistet und wo effizient gearbeitet werden kann. Jetzt entstehen hier definierte Zonen: Im hinteren Bereich wird ein Büro für die Administration eingerichtet. Vorne zeigt eine Empfangstheke an, wo Familienangehörige und Bekannte ihren Besuch anmelden können. Das Herzstück bildet aber die lichtdurchflutete Cafeteria. Dort laden grosszügige Sitzbereiche zum Verweilen und Plaudern ein. Wer sich in einen spannenden Krimi vertiefen oder die neusten Schlagzeilen in der Tageszeitung lesen möchte, kann sich zudem in den ruhigeren Bibliotheksbereich zurückziehen. Breite Laufwege gestatten es, sich frei vom einen in den anderen Bereich zu bewegen.
Das Foyer wird ein wichtiger Begegnungsort für die Bewohnenden und ihre Angehörigen. Wie gehen Sie vor, um eine einladende Atmosphäre zu erschaffen?
Ich starte mit einer Bedürfnisanalyse, bei der wir mit der Bauherrschaft die Ziele für die Innenausstattung festlegen. Ich vertraue auf mein Raumgefühl und meine Erfahrung, wenn ich mir die folgenden Fragen stelle: Wie kann aus diesem Raum mit Farben, Materialien oder Stoffen ein Wohlfühlort erschaffen werden? Danach recherchiere ich nach Möglichkeiten und erarbeite verschiedene Varianten am Computer, damit sich die Bauherrschaft vorstellen kann, wie der Raum nach der Fertigstellung aussehen könnte. Für den Empfangsbereich an der Bahnhofstrasse 43 suche ich vorwiegend nach hellen, warmen Farbtönen. Dabei achte ich auch darauf, dass die Farbwahl mit dem verwendeten Holz und den Bodenbelägen harmoniert. Der Gesamteindruck zählt.
Gibt es sonst noch Elemente, die Sie beim Innendesign berücksichtigt haben?
Ich überlege genau, wie ich die Bewohnenden im Alltag mit meinen Designs unterstützen kann. Zum Beispiel vermeide ich Spiegelungen, da sie für Menschen mit einer Sehschwäche problematisch sein könnten. Gleiches gilt für Stolperfallen wie Teppiche oder Bodenbeläge, die nicht rutschfest sind. Wenn zwei Personen zum Beispiel einen Rollator benutzen, muss im Raum genügend Platz vorhanden sein, damit sie diese Gehhilfen problemlos «parkieren» können. Unser Team vom Raumforum Thun wurde bereits bei der Inneneinrichtung des Alenia-Hauptsitzes an der Worbstrasse 296 beigezogen, sodass es von den damaligen Erfahrungen profitieren konnte.
Gibt es bestimmte Referenzpunkte oder Vorbilder, an denen Sie sich orientieren?
Jedes Projekt ist einzigartig und besitzt eine eigene Geschichte, die ich neu interpretiere. Die Kreativität macht die Faszination dieses Berufs aus. Darüber hinaus ist es mein zentrales Anliegen, nachhaltige und zeitlose Räume zu gestalten, die auch in ein paar Jahren noch dieselbe Wirkung erzielen. Natürlich verfolge ich aktuelle Trends, nehme aber nur Gestaltungselemente auf, wenn sie in das Konzept passen und den Kundenwünschen entsprechen.
Wann wird man im neuen Foyer willkommen geheissen?
Ende Jahr sollen die Neumieter ihre Wohnungen an der Bahnhofstrasse 43 beziehen können. Wenn sie dann hier eintreffen, werden sie als Erstes im neuen Foyer empfangen. Auf diesen besonderen Moment freue ich mich schon jetzt!
Was nehmen Sie persönlich von diesem Auftrag mit?
Die Zusammenarbeit mit dem Alenia habe ich immer als sehr positiv und bereichernd erlebt. Jedes Projekt ist für mich ein Lernprozess, bei dem ich meinen Horizont erweitern kann: Die heutigen Bewohnenden stehen trotz ihrem Alter mit beiden Beinen im Leben, sind aktiv und vielseitig interessiert. Sie haben mich beeindruckt. Wenn sie sich gerne in den von mir gestalteten Räumen aufhalten und diese beleben, habe ich mein Ziel erreicht.